Ich muss etwas ändern

Ich muss etwas ändern

Schlaganfall am Steuer? Was für eine Horrorvorstellung! Herman Reichold hat sie erlebt – und überlebt. Sein Glück im Unglück hat den Künstler nachdenklich gemacht.

Ein ganz normaler Tag im Januar 2024. Künstler Herman – wie ihn alle nur nennen – ist in seiner Hei­matstadt Paderborn mit dem Auto unter­wegs, um Bilderrahmen abzuholen. Plötzlich geht alles ganz schnell, sein lin­ker Arm reagiert nicht. Dann kommt jede Menge Glück zusammen: Statt eines Frontalzusammenstoßes touchiert er das entgegenkommende Auto nur.

Die unverletzten Insassen springen hinaus, erkennen sofort den Ernst der Lage: he­runterhängender Mundwinkel, unklare Sprache, das muss ein Schlaganfall sein – 112! In Minutenschnelle ist der Ret­tungsdienst da und kurz darauf Patient Herman im nächsten Krankenhaus.

 

Zwei Schutzengel und viele Fachleute

In der Klinik ist die Ursache seines Schlaganfalls durch ein MRT-Bild schnell ausgemacht. Mit dem Rettungswagen geht es weiter in die Spezialklinik Bethel in Bielefeld, wo die Ärztin eine so genannte Thrombektomie durchführt. „Das war wohl eine sehr ernste Sache“, sagt der 64-Jährige heute. Doch damals ist ihm der Ernst der Lage noch nicht bewusst. Es geht ihm nach der Operation doch wieder gut! Er lässt sich Papier bringen und fängt wieder zu zeichnen an. „Schwesterherz“ nennt er scherzhaft die Serie, die er den Pflegekräften widmet, die sich so herzlich um ihn kümmern. Allen Fachleuten, und natürlich seinen beiden „Schutzengeln“, die so schnell reagieren, ist er heute zutiefst dankbar.

 

Sein Stil ist unverkennbar

Dass Herman Reichold kein Künstler wie viele andere ist, sondern Menschen landauf, landab seine Arbeiten kennen, liegt an seinem unverwechselbaren Stil. Über 35 Jahre lang hat er freiberuflich gearbeitet, stellte seine Werke in aller Welt aus und zählte große Unternehmen und Prominente zu seinen Kunden und Auftraggebern. „Irgendwann wollte ich nicht mehr nur für andere arbeiten, sondern habe begonnen, eckig zu malen“, sagt er. Bald hatte er seinen eigenen Stil entwickelt, der schnell bekannt wurde und bis heute sein Markenzeichen blieb. „Das Besondere ist unverkennbar, das Eckige war mein Durchbruch“, sagt er heute über seinen Werdegang als Künstler.

 

Gesundheit ist ein Schatz

Sein Schlaganfall hinterließ zum Glück keine bleibende Behinderung. Und doch blieb das Ereignis nicht folgenlos.

„Ich habe gemerkt, dass ich etwas ändern muss“, sagt der Künstler. Von seiner positiven Lebensauffassung ging nichts verloren, auch nicht von seiner Schaffenskraft. Doch schlagartig wurde ihm vor Augen geführt, dass die Gesundheit ein Schatz ist, den man hüten muss. In der Reha sah er viele Mit-Patientinnen und -Patienten, die weniger Glück hatten als er.

 

Suche nach neuer Struktur

In seinen Humor mischt sich nun eine Portion Nachdenklichkeit. „Mit dem Schlaganfall ist eine gewisse Besinnlichkeit in mein Leben gekommen“, sagt Herman Reichold, der sich selbst eine Schaffenspause verordnet hat. „Ich muss jetzt erst mal eine Struktur für mich finden, ohne dabei in neuen Stress zu geraten. Denn das ist die große Gefahr in meinem Beruf, dass ich den Stress nicht merke, weil ich meine Arbeit so liebe.“

 

Man darf gespannt sein

Für Herman Reichold ist klar: Er wird sein Bestes geben, um gesund zu bleiben. Gegen das hohe Cholesterin – erblich bedingt – wird er etwas einnehmen, ebenso einen Blutverdünner als Schutz vor einem wiederholten Schlaganfall. Und seinen Sport, das Rennradfahren, wird er natürlich weiter betreiben. Jetzt muss es nur noch mit der Stressreduktion klappen. Bis Ende des Jahres möchte er einen Plan für sein weiteres Leben haben. Darin könnte auch die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe eine Rolle spielen. Denn seine Erkrankung hat Künstler Herman eine weitere Berufung aufgezeigt: die Aufklärung über den Schlaganfall. So überlegt er nun gemeinsam mit der Stiftung, wie er seine Fähigkeiten und Erfahrungen gewinnbringend für den Kampf gegen den Schlaganfall einbringen kann. Man darf gespannt sein...