Versorgung auf dem Land sichern

Versorgung auf dem Land sichern

Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) warnen: Beim Schlaganfall könnte sich durch die Zentralisierungspläne der Bundesregierung eine Versorgungslücke ergeben.

Behandlung auf Spezialstationen

Laut aktuellem Gesetzentwurf sollen die Patienten zukünftig nur noch in neurologischen Spezialkliniken behandelt werden dürfen. DSG und DGN begrüßen das ausdrücklich – wenn eine flächendeckende Versorgung gesichert ist. Derzeit ist hierfür jedoch die etablierte telemedizinische Unterstützung wohnortnaher Kliniken zwingend erforderlich. Doch die ist im aktuellen Gesetz-Entwurf nicht mehr vorgesehen.

Keine Einsicht des Ministers

Trotz dezidierter Stellungnahme der Fachgesellschaften vor der Sommerpause zeichnet sich kein Einsehen des Gesundheitsministers ab. „Wird das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wie derzeit geplant verabschiedet, wird die Schlaganfall-Versorgung auf dem Land zusammenbrechen“, ist Professor Stefan Schwab, 1. Vorsitzender der DSG, überzeugt.

Wir brauchen weiterhin TeleStroke-Units. Unbedingt!
Prof. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN

Schlaganfall ist zeitkritisch

Bei der Versorgung einer Durchblutungsstörung im Gehirn – einem Schlaganfall – gilt es, keine Zeit zu verlieren. „Sie können einen Schlaganfall-Patienten nicht erst zwei Stunden mit dem Krankenwagen in die Spezialklinik fahren“, erklärt Prof. Heinrich Audebert, Vorsitzender der Kommission Telemedizinsche Schlaganfall-Versorgung. Deutschland habe deshalb in den letzten Jahrzehnten eine hohe Zahl an zertifizierten Schlaganfall-Spezialstationen aufgebaut, den sogenannten Stroke Units, die innerhalb von maximal 30 Minuten für jeden Patienten erreichbar sein sollten.
 

30.000 Patienten jährlich auf TeleStroke-Units

Sind die Stroke Units in strukturschwachen Regionen aber zu weit entfernt gelegen, wurden ergänzend Krankenhäuser mit einer TeleStroke-Unit eingerichtet. „Hier holen sich dann die Ärzte vor Ort durch telemedizinische Konsile die spezifische Behandlungsexpertise von zugeschalteten Neurologen. Die spezialisierte Behandlung wird lokal durch ein Schlaganfall-Team sichergestellt und nur Patienten, die eine Operation oder eine Katheter-Behandlung brauchen, werden weiterverlegt“, berichtet Audebert, stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie der Charité Berlin. 30.000 Schlaganfall-Patienten werden so pro Jahr in Deutschland vor allem in ländlichen Regionen in TeleStroke-Units behandelt. Studien weisen eindeutig nach, dass Schlaganfall-Patienten von der Behandlung in TeleStroke-Units profitieren: Die Betroffenen haben „einen signifikanten Vorteil zu überleben und Behinderungen zu vermeiden“, heißt es dort. Dass diese jetzt im aktuellen Gesetzentwurf rausgefallen sind, ist also nicht nachvollziehbar.

Spezialisierung ist richtig

Selbstverständlich müsse jedes Krankheitsbild, so auch der Schlaganfall, von Spezialisten behandelt werden, am besten auch in einem spezialisierten Zentrum – dieser Gedanke der Regierung sei vollkommen richtig, bekräftigt der 1. Vorsitzende der DSG, Stefan Schwab. Doch die unverzichtbare schnelle Versorgung des Schlaganfall-Patienten sei in bestimmten Regionen nur eingeschränkt möglich.

 

Der Experte muss dann eben zum Patienten gebracht werden. Wir sprechen von einem zeitkritischen Krankheitsbild.
Prof. Stefan Schwab, 1. Vorsitzender der DSG

Die Entscheidung gegen die telemedizinische Unterstützung sei deshalb absolut nicht nachvollziehbar.

 

Am 18. Oktober soll das KHVVG in die zweite und dritte Lesung gehen und vom Bundestag verabschiedet werden.