Hightech für den Arm

Hightech für den Arm

Die Flasche öffnen, ein Glas halten, den Wäschekorb tragen – das alles trotz gelähmter Hand? Neue myoelektrische Orthesen sollen es möglich machen.

Myoelektrik bezeichnet die elektrische Spannung, die durch kleinste Muskelkontraktionen entsteht. Sie kann über Elektroden auf der Haut gemessen und zur Steuerung einer motorisierten Orthese genutzt werden. Dieses Prinzip machen sich neuartige Hightech-Orthesen zunutze, die ihren Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, einen gelähmten Arm oder eine Hand wieder einzusetzen.

Video überzeugt Kostenträger

Heinrich Wickern aus Gütersloh erlitt 2017 zwei Schlaganfälle. Eine linksseitige Lähmung und eine Aphasie waren die Folge. Die Sprache kam fast vollständig zurück, die Lähmung blieb. Doch Wickern ließ sich nicht entmutigen, nahm viele Therapien wahr, schloss sich einer Selbsthilfegruppe an, besuchte Veranstaltungen der Schlaganfall-Hilfe und informierte sich, wo es nur ging.

In der Thala las er über die myoelektrische Orthese MyoPro. Er erkundigte sich beim Gütersloher Sanitätshaus Mitschke, das Patientinnen und Patienten mit dieser neuartigen Orthese versorgt. Nach einer Probephase war klar: Von dieser Orthese könnte Wickern profitieren. Die Krankenkasse ließ sich von einem Video überzeugen und bewilligte die Orthese. Das war vor zwei Jahren.

 

„Das Gerät hat mir sehr geholfen“, sagt er. „Ich habe damit mindestens dreimal die Woche trainiert, meine Handfunktion ist inzwischen viel besser geworden.“ Einmal wöchentlich nahm er die Orthese auch mit zur Ergotherapie und übte dort. Darüber hinaus geht er weiter regelmäßig zur Physiotherapie und fünfmal wöchentlich zum Gerätetraining ins Fitnessstudio.

Hilfsmittel wirkt therapeutisch

Thomas Winkelnkemper ist Orthopädietechniker im Gütersloher Sanitätshaus Mitschke. Er hat sich um die Versorgung von Heinrich Wickern und anderen Betroffenen mit dem MyoPro gekümmert und ist überzeugt davon, dass es vielen Betroffenen helfen kann. Die Versorgung beginnt in der Regel mit einer Anamnese im Sanitätshaus und einem Eignungstest. Zeigen sich hier Erfolge, erfolgt der Antrag auf Kostenerstattung mit einem Video.

 

Ein halbes Jahr sollte die Probephase auf jeden Fall dauern. In dieser Zeit weisen die Orthopädietechniker nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern auch deren Therapeutinnen und Therapeuten intensiv in die Nutzung der Orthese ein. Ergo- oder Physiotherapie unter Nutzung der Orthese führen nicht nur zu einer Gewöhnung an das Hilfsmittel, sondern zeigen auch therapeutische Wirkung. Ganz offensichtlich verbessert sich durch die Nutzung langfristig die Handfunktion. Thomas Winkelnkemper beobachtet zudem, dass spastisch gelähmte Hände durch Einsatz des MyoPro wieder weich werden.