Man muss sich immer erklären

Manchmal hinterlassen Schlaganfälle keine sichtbaren Folgen. Das Leid der Betroffenen ist deshalb nicht geringer, so wie bei Corinna Klotz. Nach langem Kampf hat die Neuensteinerin aus dem Hohelohekreis (Baden-Württemberg) zurückgefunden ins Leben.

Drei Schlaganfälle haben das Leben der heute 52-Jährigen auf den Kopf gestellt. 2012 erwischt es sie das erste Mal. Körperlich überwindet sie den Schock recht schnell, deshalb verordnen ihr die Ärzte keine Reha. Doch Corinna spürt andere Veränderungen, die ihr große Sorge machen. Sie ist unkonzentriert, manchmal desorientiert. Weiß nicht, welcher Tag heute ist und welches Jahr. Fast 90 Prozent der Schlaganfall-Betroffenen leiden an sogenannten neuropsychologischen Folgen. Bei den meisten bilden sie sich nach kurzer Zeit zurück, nicht so bei Corinna. Dass sie es überhaupt wieder zurück in den Job schafft, verdankt die Alleinerziehende ihrem Sohn. „Er war mein Motor zu kämpfen“, sagt sie heute. „Der brauchte mich doch. Ich habe einfach nur funktioniert.“

 

270.000 Menschen pro Jahr erleiden in Deutschland einen Schlaganfall. Knapp 70.000 von ihnen trifft es zum wiederholten Mal. So ergeht es auch Corinna – erst 2014, dann 2016. Ihr dritter Schlaganfall wird zunächst gar nicht diagnostiziert. Erneut erhält sie keine Rehabilitation, dabei wäre die so wichtig, weil ihr Kurzzeitgedächtnis aussetzt. Ihre Krankenkasse AOK sorgt schließlich dafür, dass sie ein halbes Jahr später doch zur neurologischen Reha nach Bad Windsheim kommt. „Das war meine Rettung“, sagt sie. „Mit 10 Prozent Hirnfunktionalität kam ich in die Klinik, mit 76 Prozent ging ich wieder hinaus.“ Eine lange Phase der beruflichen Wiedereingliederung folgt, bis sie schließlich wieder Vollzeit arbeitet.

 

Mit viel Training und Therapie hat Corinna nach und nach ihr Gedächtnis zurückgewonnen. Manchmal sucht sie heute noch nach Worten. Doch das sieht ihr niemand an – ein Problem, mit dem viele Schlaganfall-Betroffene kämpfen. „Die Leute verstehen überhaupt nicht, was man für Schwächen hat. Man muss sich immer und immer wieder erklären, das ist so anstrengend“, sagt sie und zieht für sich den Schluss: „Mit gesunden Menschen rede ich inzwischen nicht mehr über meinen Schlaganfall. Das kostet zu viel Kraft.“ Verständnis und Unterstützung findet sie jetzt in ihrer Selbsthilfegruppe. Die trifft sich einmal im Monat in Ludwigsburg, mehr als eine Autostunde entfernt. Doch den Aufwand ist es ihr wert. „Die Gruppe tut mir unheimlich gut.“

Corinna Klotz

Die Fahrt dorthin ist anfangs noch schwierig. Auch das Autofahren muss sich Corinna nach und nach wieder antrainieren. Zunächst legt sie viele Pausen ein, inzwischen schafft sie die Strecke aber ohne Unterbrechung. Ihr Sohn ist inzwischen 30, sie hat ein 4-jähriges Enkelkind. Ganz wichtig ist ihr auch ihr Job im Vertrieb. „Ich liebe die Kommunikation, das ist mein Traumberuf“, sagt sie. Er stellt zwar hohe Anforderungen an die Schlaganfall-Betroffene, doch ist damit auch das beste Training, um ihre neuropsychologischen Beeinträchtigungen zu überwinden. Und viel Halt findet Corinna in ihrer Selbsthilfegruppe in Ludwigsburg. Mit ihren Erfahrungen wird sie weiter anderen Betroffenen Mut machen.

Hey, mach weiter! Es lohnt sich, denn irgendwann kommt der Erfolg.
Corinna Klotz

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