Ein neues Leben nach Schlaganfällen

Nach zwei Schlaganfällen saß Gunter Rocker im Rollstuhl. Heute, gut zwölf Jahre später, hat er sein Leben um 180 Grad gedreht, bezeichnet sich selbst als Ultraläufer.

„Der erste Schlaganfall war ein Schuss vor den Bug, der zweite ein Volltreffer, der mich aus dem Leben gerissen hat“, sagt Gunter Rocker. Seine Stimme wird immer ernster, wenn er gut zwölf Jahre in seinem Leben zurückblickt. 2012 und 2013 erleidet der damals 48-Jährige innerhalb kürzester Zeit zwei Schlaganfälle.

 

Die ersten Warnzeichen habe er ignoriert, monatelang quälen ihn starke Kopfschmerzen. „Irgendwann waren sie plötzlich weg, ich dachte, alles sei in Ordnung“, erzählt er. War es nicht. Sein erster Schlaganfall überrascht den Dillinger im Schlaf. Als er aufwacht, ist ihm speiübel, er verliert das Gleichgewicht und fällt zu Boden. „Ich hätte an alles Mögliche gedacht, nur nicht an einen Schlaganfall.“ Erst ein Besuch beim HNO-Arzt führt ihn schließlich ins Krankenhaus. Dort erhält er die Diagnose – Schlaganfall.

 

Der bleibt ohne Folgen. „Ich habe es deshalb wie einen Schnupfen abgetan“, gibt der Mann aus Diefflen zu. Er ist fest davon überzeugt: „Ich bin kerngesund.“ Dass dem nicht so ist, muss er gut eine Woche später an einem Nachmittag bei seinen Eltern feststellen. Dort trifft ihn der zweite Schlaganfall – beim Kaffeetrinken. Die Symptome sind ähnlich, seine Eltern alarmieren sofort den Rettungsdienst. Im Krankenhaus erneut die Diagnose Schlaganfall.

 

Vor seinen Schlaganfällen führte Gunter Rocker ein Leben auf der Überholspur. Als Manager in der Logistikbranche ist er für über 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich, rund um die Uhr erreichbar und arbeitet bis zu 80 Stunden pro Woche. „Mein Leben drehte sich fast nur um die Arbeit“, erinnert er sich. Doch mit dem zweiten Schlaganfall kommt die abrupte Wende: „Ich wurde von 100 auf 0 gesetzt“, beschreibt er die drastische Veränderung in seinem Leben.

 

Das Gehen muss er neu erlernen. Eine Situation, mit der der ehemalige Manager anfangs nicht zurechtkommt. Rocker wird depressiv: „Ich fiel in ein tiefes Loch, ich lag oft nur auf dem Sofa und war gedanklich völlig verloren, weil ich nicht wusste, was ich mit mir anfangen sollte“, blickt er auf die schwerste Zeit seines Lebens zurück. Es habe lange gedauert, bis er aus diesem Teufelskreis ausbrechen konnte. Seine berufliche Laufbahn als Manager in der Logistik muss Rocker nach den Schlaganfällen aufgeben. Heute arbeitet der 60-Jährige als Minijobber für die Arbeiterwohlfahrt (AWO).

 

Der Schlaganfall habe ihn ruhiger gemacht und ihm eine ganz neue Lebensperspektive gegeben, sagt Rocker. Inzwischen hat er sich dem Walking verschrieben. Denn richtig laufen kann er nicht mehr.

Walken hilft mir, den Kopf freizubekommen und einfach mal abzuschalten. Es ist eine echte Bereicherung für mich.
Gunter Rocker

Er selbst bezeichnet sich als „Ultrawalker“, legt Strecken von mehr als 42 Kilometern zurück und nimmt an 24-Stunden-Läufen teil – und will damit anderen ein Vorbild sein. Er hat die Bewegungs-Enthusiasten gegründet, um gesunden Menschen an sich und an ihre Gesundheit zu erinnern und kranken Menschen zu zeigen, „Das das Leben weiter geht, man muss es nur positiv sehen“.

 

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