Unfassbar motiviert

Wenn es eine Therapeutin des Jahres gäbe, käme sie vermutlich aus Essen und hieße Jasmin Wolf.

16-fache Nominierung

Alle zwei Jahre zeichnet die Deutsche Schlaganfall-Hilfe Menschen aus, die sich in herausragender Weise für das Thema Schlaganfall engagieren und durch ihr Vorbild andere motivieren. Eine einzelne Nominierung hätte genügt, um dabei zu sein, doch Jasmin Wolf wurde gleich 16-fach für den Preis vorgeschlagen: ihre Patienten machen sich für sie stark, Kolleginnen und Kollegen der Schlaganfall-Station, ehemalige Auszubildende, der Leitende Oberarzt der Klinik und nicht zuletzt Ehemann Patrick. Kein anderer der mehr als 80 Nominierten konnte so viele Fürsprecher hinter sich vereinen.

„Keine andere kommt infrage“

„Das allein ist schon eine Auszeichnung“, sagt die 44-Jährige ganz gerührt. Und was sie in den Begründungen alles über sich lesen darf, treibt ihr die Schamesröte ins Gesicht. „Unfassbar motiviert, kompetent und hilfreich“ sei sie, darüber hinaus „kreativ, hochmotiviert und empathisch.“ Sie vereinige „außerordentliche Fachkompetenz und tiefes Einfühlungsvermögen“, sei eine „grandiose Ergotherapeutin“ und deshalb „Inspiration und Vorbild“ für viele andere. Ein Neurologe fasst es so zusammen: „Meiner Ansicht nach kommt keine andere Person für den Preis infrage.“

Faszination Neurologie

Bei ihrer Arbeit „addiert sich zu ihrer tiefen Sachkenntnis und ihrer unglaublichen Empathie auch ein wenig Zauber“, gerät ein ehemaliger Patient ins Schwärmen. Ergotherapie ist für Jasmin Wolf Beruf und Berufung. Ursprünglich hatte die gebürtige Sächsin andere Pläne. Doch dann lauschte sie den Erzählungen einer Bekannten, die eine Umschulung zur Ergotherapeutin gemacht hatte, und war so fasziniert, dass sie selbst die Ausbildung in Zwickau begann. Bei ihrem Praxiseinsatz in der Neurologie war es gleich am ersten Tag um sie geschehen. „Ich kaum aus der Klinik und wusste, dass ich nie wieder etwas anderes machen möchte“, schwärmt die Therapeutin.

Aus Sachsen an die Ruhr

Auch als ausgebildete Ergotherapeutin war ihr Wissensdurst nicht zu stillen. Die Neurologen ihrer Klinik liehen ihr ein Fachbuch von Prof. Peter Berlit. Jasmin war so fasziniert, dass sie sich gleich bei dem Autor bewarb, der damals Chefneurologe am Krupp-Krankenhaus in Essen war. Seit 2001 ist sie nun fester Bestandteil des Neurologie-Teams und eine seiner wichtigsten Säulen. 17 Jahre lang arbeitete sie mit Patientinnen und Patienten in der Akut- und der Rehaphase. 2018 entschied sie sich, ganz auf die Stroke Unit, die akute Schlaganfall-Station, zu gehen.

Frühe Mobilisation ist wichtig

Die ersten Tage nach einem Schlaganfall sind enorm wichtig für die Patienten, darauf konzentriere ich mich täglich.
Jasmin Wolf

Ein Kriterium für die Zertifizierung von Stroke Units ist, dass stets Ergotherapie verfügbar ist. Denn eine häufige Folge des Schlaganfalls sind Lähmungen des Arms oder der Hand. Daraus können sich später Spastiken entwickeln, an denen die Betroffenen über viele Jahre laborieren. „Eine frühe Mobilisierung und intensive Anleitung der Patienten kann oft Schlimmeres verhindern“, sagt Jasmin Wolf.

Auf dem Weg zum YouTube-Star

Von ihrem Wissen und ihrer Erfahrung profitieren mittlerweile nicht nur ihre eigenen Patientinnen und Patienten. Vor einigen Jahren hatte sie die Idee, kleine Videos mit Übungsanleitungen für Patienten zu drehen. Gemeinsam mit der Kommunikationsabteilung der Klinik hat sie die Idee umgesetzt und auf dem Video-Kanal YouTube die Serie „Ergotherapie für Zuhause“ begonnen. Jede der 5 bis 15 Minuten langen Folgen beschäftigt sich mit einem anderen Thema und zeigt konkrete Übungen. Mittlerweile hat Jasmin es in der Szene fast zum YouTube-Star gebracht. Die Folge „Übungen zur Feinmotorik“ wurde mehr als 100.000 mal angesehen.

Jasmin Wolf

Nominierung als Auszeichnung

Bei so viel Vorschusslorbeeren mag man kaum glauben, dass Jasmin Wolf nicht zu den Preisträgerinnen zählen könnte. Doch wie sagt sie selbst ganz bescheiden: „Allein die Nominierung ist eine Auszeichnung.“ Und wer weiß, vielleicht wird eines Tages doch Deutschlands Therapeutin des Jahres gesucht. Da wäre sie sicher eine Anwärterin...

 

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