Der Begriff Aphasie bezeichnet eine erworbene Sprachstörung, die in 80 Prozent der Fälle durch einen Schlaganfall entsteht.
Unter den Patienten mit einem erstmaligen Schlaganfall weisen ca. 30 Prozent eine Aphasie auf. In etwa einem Drittel der Fälle mit anfänglicher Aphasie kommt es zu einer weitestgehenden Normalisierung der Sprachfunktionen innerhalb der ersten vier Wochen. Nach diesem Zeitfenster nehmen die spontanen Rückbildungen der Symptome jedoch immer weiter ab. Nach sechs Monaten sind 44 Prozent frei von aphasischen Symptomen.
Vier Standardsyndrome der Aphasie
Es werden vier Standardsyndrome der Aphasie unterschieden, die sich in ihrem Erscheinungsbild und ihren Symptomen unterscheiden.
1. Broca-Aphasie
Menschen mit einer Broca-Aphasie sprechen häufig in kurzen, einfachen Sätzen oder reihen inhaltstragende Wörter einzeln aneinander. Das Sprechen ähnelt einem "Telegrammstil". Der Sprachfluss ist häufig stark verlangsamt und angestrengt, das Finden der passenden Wörter erschwert das Sprechen zusätzlich. Das allgemeine Verstehen von Sprache ist vergleichsweise gut erhalten.
2. Wernicke-Aphasie
Menschen mit einer Wernicke-Aphasie produzieren häufig lange, verschachtelte Sätze, in denen sich Satzteile oder ganze Sätze wiederholen. In schweren Fällen kommt es zu einer scheinbar flüssigen Produktion von Sprache, deren Inhalt jedoch wenig oder keinen Sinn ergibt. Die Wahl von passenden Wörtern oder Lauten fällt Menschen mit Wernicke-Aphasie häufig schwer. Das Sprachverständnis ist meist stark beeinträchtigt.
3. Amnestische Aphasie
Die amnestische Aphasie ist die leichteste Form der Aphasie. Betroffene zeigen in der Spontansprache und beim direkten Benennen von Gegenständen Wortfindungsstörungen. Diese werden durch die Verwendung von Redefloskeln oder das Umschreiben von Wörtern umgangen. Selten kommt es zur Ersetzung des Zielwortes durch ein Wort, das eine semantische Nähe (z.B. Blume anstatt Baum) aufweist oder zu Satzabbrüchen.
4. Globale Aphasie
Die globale Aphasie stellt die schwerste Form der Aphasie dar. Das Verstehen von Sprache sowie die Produktion sind stark gestört. Häufig sprechen Global-Aphasiker nur einzelne Wörter oder immer wiederkehrend die gleiche Redefloskel. Das Sprachverständnis ist stark eingeschränkt, sodass oft nur einzelne Wörter verstanden werden können oder diese aus der jeweiligen Situation erschlossen werden. Häufig treten Aphasien zusammen mit weiteren Kommunikationsstörungen auf.
Abgrenzung verschiedener Kommunikationsstörungen
Für die Therapie ist die Abgrenzung der verschiedenen Kommunikationsstörungen wie Aphasie, Dysarthrie und Sprechapraxie wichtig, auch wenn dies nicht immer einfach ist.
Dysarthrie
Bei einer Dysarthrie ist die Steuerung und Ausführung von Sprechbewegungen beeinträchtigt. Alle an der Artikulation beteiligten Muskelgruppen wie Atemmuskulatur, Kehlkopfmuskulatur oder Zungen- und Lippenmuskulatur können von der Bewegungsstörung betroffen sein. Dies kann dazu führen, dass die Sprechatmung, die Sprechstimme, die Artikulation oder Betonung oder Tonfall beeinträchtigt sind. Dysarthrische Menschen sprechen häufig langsam und mit einer deutlich sichtbaren Anstrengung, je nach Schwere der Störung ist die Sprache leicht oder völlig unverständlich. Das Sprachverständnis ist bei einer Dysarthrie nicht beeinträchtigt.
Sprechapraxie
Die Sprechapraxie ist eine Planungs- und Programmierungsstörung der Sprechbewegungen, die sehr komplex und unterschiedlich ist. Die Symptome können einzelne Sprachlaute, den Redefluss, die Akzentuierung, die Intonation oder das Sprechverhalten betreffen. Häufig sind die Fehler unbeständig und wechselhaft. Die Betroffenen zeigen mit den Lippen und der Zunge artikulatorische Suchbewegungen, um die passenden Laute zu bilden. Es kann jedoch auch zu Phasen kommen, in denen die Sprachproduktion störungsfrei ist. Das Sprachverständnis ist häufig gut erhalten.