Nach unserer Erfahrung wird Patienten heute zu früh geraten, die eigene Häuslichkeit aufzugeben“, sagt Christine Sowinski vom Kuratorium Deutsche Altershilfe. Die Expertin kennt die Problematik aus unterschiedlichen Perspektiven. Sie ist examinierte Krankenschwester, Psychologin und hat den Schlaganfall mit Pflegebedürftigkeit in der eigenen Familie erlebt.
Akut- und Rehabilitationskliniken verfügen über Sozialdienste und Pflegeüberleitungen. Sie sind für die Beratung und Begleitung von Patienten und Angehörigen da, unterstützen auch bei der Beantragung eines Pflegegrades. „Aber man kann die Situation im Krankenhaus und in der Reha nicht mit zu Hause vergleichen“, sagt Sowinski. „Oft entwickeln die Menschen noch einmal eine unheimliche Energie. Man sollte nicht zu schnell aufgeben!“
Mit Unterstützung ist viel möglich
Mit ambulanter Unterstützung sei dann häufig noch über längere Zeit ein Verbleib in der eigenen Wohnung möglich. „Aus unserer Erfahrung ist auch nicht immer ein großer Umbau nötig. Es gibt viele einfache und kleine Lösungen“, so die Expertin. Wichtig sei vor allem die Unterstützung des Patienten. Allein seien alte Menschen in dieser Situation meist völlig überfordert.
Christine Sowinski rät zu einer Familienkonferenz. Die sollte unmittelbar nach Einweisung in die Klinik einberufen werden. Es gilt, schnell zu klären, wer in der Familie jetzt welche Aufgaben übernehmen kann. Vor allem sollte es eine Person geben, die alle Fäden zusammenführt und erster Ansprechpartner für den Sozialdienst ist. Gemeinsam sollte ein Wochenplan aufgestellt werden, um zum Beispiel regelmäßige Besuche des Angehörigen sicherzustellen.
Angehörige sollten sich auch eingehend informieren über die Erkrankung und die Pflegesituation. Beides führe oft zu Wesensveränderungen von Menschen, die eine Beziehung belasten können. „Das ist oft schwer zu ertragen, aber es gilt der Rat, man sollte nicht alles so ernst nehmen und sich bemühen, trotz allem ein freundlicher Mensch zu bleiben.“
Ruhig mal die Nachbarn fragen
Wenn es darum geht, sich einen Pflegedienst zu suchen, muss guter Rat nicht teuer sein. Erste Adresse kann der Hausarzt sein, er kennt sich in der Region aus und hat Erfahrungen mit verschiedenen Anbietern. Auch Nachbarn, die eine ähnliche Situation erlebt haben, können gute Ratgeber sein. „Betroffene freuen sich oft, wenn ihre Expertise gefragt ist.“ Und jeder seriöse Pflegedienst biete ein Erstgespräch an, in dem man sich einen Eindruck vom Anbieter verschaffen könne. Bei all dem sollten Angehörige nie über den Kopf des Patienten hinweg entscheiden. „Es bringt nichts, jemanden zu überreden“, so Christine Sowinski. „Der Wille des Patienten sollte entscheidend sein. Meine Aufgabe als Angehöriger ist es, ihn so gut es geht zu unterstützen.“