Rund 250.000 Menschen in Deutschland, so schätzt man, leiden unter einer spastischen Bewegungsstörung. Das sind mehr Betroffene, als die Landeshauptstädte Kiel, Magdeburg oder Erfurt Einwohner zählen.
Was bedeutet Spastik?
Der Begriff Spastik ist abgeleitet aus dem Griechischen (Spasmos = Krampf) und meint eine erhöhte Eigenspannung der Muskulatur. Sie entsteht durch eine Schädigung des Gehirns, ein Defekt auf dem Weg von der Entstehung des Bewegungsimpulses bis zur Ausführung im Muskel. Die häufigste Ursache für eine Spastik ist der Schlaganfall.
Bei der Spastik entwickelt sich aus einer schlaffen Muskellähmung über einen längeren Zeitraum, oft über Monate, eine überhöhte Muskelspannung, die der Betroffene nicht kontrollieren kann. Die Verkrampfung unterliegt Schwankungen, wird durch Gefühlsregungen oder Berührungen verstärkt oder beruhigt. Viele Patienten klagen auch über Schmerzen, die bei schweren Spastiken sehr stark sein können.
Spastik sollte wirksam behandelt werden
Wird eine Spastik nicht wirksam behandelt, führt sie über längere Zeit zu weiteren Schädigungen, die den Körper zusätzlich behindern. Muskeln verkürzen sich und schränken die Beweglichkeit ein, Gelenke geraten zunehmend in eine Fehlstellung. Menschen mit einer spastischen Bewegungsstörung leiden oft unter vielfältigen Einschränkungen im Alltag. Das selbstständige Ankleiden, Kochen und Essen, die Körperhygiene und das Gehen fallen vielen schwer. Sie sind auf Unterstützung und Hilfsmittel angewiesen. Hinzu kommt, dass einer aktuellen Studie zufolge 45 Prozent der Patienten eine Depression entwickeln.
So sieht es in der Realität aus
Die Versorgungsrealität von Patienten mit einer spastischen Bewegungsstörung erscheint ernüchternd. Erst kürzlich wurden die Ergebnisse einer Erhebung zu diesem Thema im Fachmagazin „Monitor Versorgungsforschung“ publiziert. Viele Patienten erhalten langfristig keine Physiotherapie, weil die Erfolge ausblieben oder die Kassen die Kosten hierfür nicht übernehmen. Eine moderne medikamentöse Therapie mit Botulinumtoxin erhalten weniger als 10 Prozent.
Was tut sich in der Spastik-Behandlung?
Dabei hat sich in der Spastik-Behandlung in den vergangenen Jahren viel getan. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hat, gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften, in diesem Jahr eine neue Leitlinie „Therapie des spastischen Syndroms“ herausgebracht. Ein Expertenteam unter Federführung des Greifswalder Professors Thomas Platz hat eine Vielzahl internationaler Studien ausgewertet.
Entstanden ist ein 23-seitiges Papier, das Ärzten und Therapeuten Behandlungsempfehlungen gibt. Jetzt kommt es darauf an, dass diese Erkenntnisse auch bei den Patienten ankommen. Dazu soll dieser Themen- Schwerpunkt einen Beitrag leisten. Er beschäftigt sich damit, wie eine moderne Spastik-Versorgung, die Patienten wirklich hilft, heute aussehen sollte