Worte, die mit Melodien und Emotion verknüpft sind, lassen sich leichter abrufen.
Ein Einkauf beim Bäcker fällt Willi Krohn (Name geändert) schwer: Nach einem Schlaganfall leidet er an einer schweren Aphasie. Die gewünschte Brotsorte richtig benennen – eine Herausforderung. „Wir begannen, die notwendigen Sätze für den Bäckereibesuch spielerisch mit Rhythmen und Melodien zu unterlegen“, erklärt Musiktherapeutin Annette Birg. „Worte, die mit Melodien und Emotion verknüpft sind, lassen sich leichter abrufen.“ So konnte ihr Patient wieder selbstständig einkaufen gehen.
Musiktherapie als sinnvolle Ergänzung
Annette Birg studierte zunächst Musik- und Tanzpädagogik, später absolvierte sie berufsbegleitend einen Diplom-Studiengang zur Musiktherapeutin. „Meine Großmutter spielte sehr gerne Klavier. Nach einem Schlaganfall führte sie dies mit einer Hand fort – und ich habe erlebt, wie Musik sie beflügelte“, erzählt Birg. Der Zusammenhang zwischen Musik, Wohlbefinden und Therapieerfolgen fasziniert sie bis heute. Sie sieht Musiktherapie als eine sinnvolle Ergänzung zu den klassischen Therapieformen – und arbeitet stets in Absprache mit den anderen Therapeuten der Patienten.
Die Möglichkeiten sind vielfältig.
Es geht um die Gesunderhaltung von Atmung und Stimme, die Wahrnehmung von Klangräumen, die Bildung von Vokalen und Konsonanten, aber auch um Kreativität, Mut und Freude an Kommunikation und Sprache – wichtige Voraussetzungen, um weiterhin am gesellschaftlichen Leben aktiv teilnehmen zu können. „Willi Krohn lernte zum Beispiel in hohem Alter noch Posaune, um seine Mundmotorik zu verbessern. Zudem nutzte er die Musiktherapie, um leichter in einem Chor mitsingen zu können, oder er verfasste Gedichte, die wir gemeinsam vertonten“, sagt Birg.
Achten Sie darauf bei der Therapeutenwahl
Worauf Betroffene bei der Therapeutenwahl achten sollten: „Wichtig ist, dass Therapeuten die Übungen individuell und abwechslungsreich gestalten. Das ist vor allem in der ambulanten Therapie möglich, in der Therapeuten die Patienten meist über einen langen Zeitraum begleiten und viele verschiedene Phasen der Krankheitsverarbeitung miterleben.“ Außerdem sollten sich Therapeuten auf dem Laufenden halten, denn es gibt ständig neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Therapiemethoden. „Ich habe seit 20 Jahren mein Diplom, lerne aber nie aus. Es macht Spaß, kreativ zu sein und neue Möglichkeiten zu entdecken, die zum Therapieerfolg der Patienten beitragen.“