Robotergestützte Intensiv-Therapie

Robotergestützte Intensiv-Therapie

Spastische Bewegungsstörungen sind häufig Folge eines Schlaganfalls. Dabei kommt es zu einer Erhöhung der Muskelspannung, die sowohl in Ruhe als auch bei Bewegung auftreten und vom Patienten nicht kontrolliert werden kann.

Solche Spasmen können zu vielfältigen Einschränkungen im Alltags- und Berufsleben führen. Zur Therapie der Spastik gibt es verschiedene medikamentöse und nicht-medikamentöse Ansätze. Dabei nimmt die Ergotherapie eine wichtige Rolle bei den nicht-medikamentösen Ansätzen ein. Bisher gibt es kaum Untersuchungen dazu, wie erfolgreich eine ergotherapeutische Therapie der Hand- und Fingerspastik ist. Die Ergotherapie Laborn in München hat jetzt eine solche Untersuchung angestellt.

Was war das Ziel und wer wurde untersucht?

Die Ergotherapie Laborn verfolgt das Konzept einer Intensivbehandlung, bei der eine robotergestützte Therapie mit einer ergotherapeutischen Standardtherapie (Armbasistraining bzw. Armfähigkeitstraining) kombiniert wird. Um herauszufinden, ob dieses Konzept nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv eine Veränderung der Finger- und Handspastik bewirkt, wurden rückwirkend die Daten aller Schlaganfall-Patienten mit Finger- und Handspastik ausgewertet, die in den vergangenen zwei Jahren eine Intensivbehandlung durchlaufen hatten und von denen vollständige Datensätze vorlagen (insgesamt 88 Patienten).

Wie und was wurde untersucht?

Mit Hilfe eines Roboters wurden Streck- und Beugebewegungen der Finger und der Hand  gemessen. So wurde der Spannungszustand der Fingermuskulatur (der Tonus) bewertet. Gleichzeitig wurden die Messwerte in eine standardisierte klinische Beurteilungsskala überführt, um zu einer allgemeinen Beurteilung des Ausmaßes der Spastik zu gelangen. Dafür wurden die international standardisierten und bekanntesten klinischen Beurteilungsskalen für Spastizität, die Modified Ashworth Scale (MAS) und die Modified Tardieu Scale (MTS), angewandt.

Mit Hilfe eines Roboters wurden Streck- und Beugebewegungen der Finger und der Hand gemessen.

Tonus und Spastizität wurden erstmals vor Beginn der Therapie gemessen. Dann durchliefen die Patienten durchschnittlich 14 Tage eine Intensivtherapie, die aus einer Kombination von Robotertherapie und Standardtherapie bestand, insgesamt durchschnittlich 49 Stunden. Um herauszufinden, ob die Therapie effektiv war, wurden am Ende der Therapie wiederum Tonus und Spastizität gemessen, und die Messwerte vom Beginn der Therapie mit den Messwerten am Ende der Therapie verglichen.

Was war das Ergebnis?

Zunächst wurde geschaut, ob sich der Spannungszustand der Fingermuskulatur (also der Tonus) am Ende der Therapie im Vergleich zum Beginn der Therapie geändert hatte. Grafik 1 zeigt den Spannungszustand des Daumens, aller 4 Finger und aller 5 Finger bei Therapiebeginn (blau) und Therapieende (orange). Statistische Tests bestätigten, dass sich der durchschnittliche Spannungszustand (Tonus) aller Finger bei Therapieende signifikant verringert hatte, und zwar um 100g beim Daumen, um 250g bei den 4 Langfingern und um 430g bei allen 5 Fingern.

Grafik 1: Tonusdurchschnitt nach Schlaganfall am Anfang und am Ende der Therapie (n=88).

Weiterhin wurden die klinischen Beurteilungsskalen für die Spastizität am Anfang und am Ende der Intensivtherapie für den Daumen, die 4 Langfinger und alle 5 Finger miteinander verglichen. Die MAS und auch die MTS Beurteilungsskalen zeigten für alle gemessenen Finger eine statistisch signifikante durchschnittliche Verbesserung der Spastizität. Grafik 2 zeigt beispielhaft die Verbesserung für alle 5 Finger. Ein Skalenwert von 1 bedeutet keine Spastik und ein Skalenwert von 6 extreme Spastik. V1 bis V3 zeigen die Messwerte bei unterschiedlicher Bewegungsgeschwindigkeit der Finger.

Grafik 2: MAS Beurteilungsskale der Spastizität bei Anfang (blau) und Ende (orange) der Intensivtherapie.

Fazit

Die Ergebnisse der Untersuchung haben gezeigt, dass sich der Spannungszustand und die Spastizität von Hand und Finger im Rahmen einer im Durchschnitt 14-tägigen kombinierten robotergestützten Intensivtherapie verbesserten. Auch wenn viele Patienten mit dem Ergebnis sehr zufrieden waren, konnten wir wegen des retrospektiven Charakters der Untersuchung keine systematische Analyse zu der Frage machen, inwieweit sich diese Verbesserungen im Alltags- oder Berufsleben auswirkten. Wir hoffen, dass weiterführende Untersuchungen hierüber Aufschluss geben werden. 

Autoren:
Prof. Dr. B. Stemmer
M. Laborn
K. Eiglsperger