Im Interview:
Stefan Stricker
Referent für Rehabilitation bei der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
Herr Stricker, was sind die häufigsten Folgen eines Schlaganfalls, die das Autofahren beeinträchtigen können?
Es sind insbesondere neuropsychologische Einschränkungen, die man nicht direkt sieht, die aber die Wahrnehmung oder das Reaktionsvermögen einschränken, sodass eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr nicht möglich ist. Und natürlich körperliche Einschränkungen wie eine Halbseitenlähmung. Doch die können heute durch entsprechende Umbaumaßnahmen fast komplett ausgeglichen werden.
Darf ich aus der Klinik mit dem Auto nach Hause fahren, wenn ich mich fit fühle?
Ich würde davon abraten. Paragraf 2 der Fahrerlaubnisverordnung schreibt vor, dass man Vorsorge leisten muss. Das heißt, man muss prüfen, ob man fahrtauglich ist. Andernfalls gefährdet man möglicherweise sich und andere und hat im Falle eines Unfalls keinen Versicherungsschutz.
Was muss ich dafür tun?
Es gibt zwei mögliche Wege, die geforderte Vorsorge zu treffen. Man kann zur Straßenverkehrsbehörde gehen, aber das ist nicht zwingend erforderlich, denn es gibt keine Meldepflicht für einen Schlaganfall. Der andere Weg ist, dass man selbst Vorsorge leistet und die erforderlichen Gutachten einholt. Wir nennen es den amtlichen und den nicht amtlichen Weg.
Wie sieht der amtliche Weg aus?
Nachdem ich den Schlaganfall bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde angezeigt habe, erhalte ich von der Behörde klare Vorgaben, welche Gutachten bis wann zu besorgen sind. Sie nennt meist auch einen Verkehrsmediziner, bei dem ich das Gutachten einholen soll. Bis alle erforderlichen Papiere vorliegen, darf ich kein Auto fahren.
Gibt es Nachteile bei diesem amtlichen Weg?
Ja, mehrere. Häufig gibt die Behörde vor, an welche Gutachter man sich wenden muss. Man bekommt Fristen gesetzt und muss diese Gutachten auch selbst zahlen. Da gibt es keine festen Preise, aber das können schnell 1.000 bis 2.000 Euro sein. Zum Beispiel kann eine neuropsychologische Testung erforderlich sein oder ein augenärztliches Attest.
Und wenn ich meine Gutachten zusammenhabe?
Wenn alles in Ordnung ist, erhält man von der Behörde eine entsprechende Bescheinigung, dass man wieder Auto fahren darf. Es kann sein, dass sie zeitlich befristet ist und man sich wieder vorstellen muss. Sollten Umbauten erforderlich sein, legt das der Verkehrsmediziner fest.
Wie gehe ich dann vor?
Für Umbauten gibt es spezielle Firmen, sie unterstützen ihre Kunden auch meist bei den Formalien.
Anschließend muss der Umbau von TÜV oder Dekra abgenommen werden. Auch ein Knauf am Lenker darf nicht ohne Weiteres benutzt werden. Er muss von der Behörde in die Fahrzeugpapiere eingetragen werden.
Welches Vorgehen empfehlen Sie?
Wenn absehbar ist, dass ein Fahrzeugumbau nicht erforderlich ist, raten wir zu dem sogenannten nicht amtlichen Weg. Das klingt seltsam, ist aber völlig rechtskonform, solange ich selbst Vorsorge treffe.
Was brauche ich dafür?
Man sollte schon in der Rehaklinik darum bitten, dass eine Aussage zum Thema Autofahren in den Entlassbrief aufgenommen wird. Dann hat man eine ärztliche Meinung, auf die man sich beziehen kann. Man kann sich in der Rehaklinik möglicherweise auch schon andere Untersuchungsergebnisse attestieren lassen, wenn das ärztlicherseits empfohlen wird. So muss man später nicht teure Gutachten in Auftrag geben.
Wenn man diese Bescheinigungen eingeholt hat, darf man wieder fahren?
Man sollte noch prüfen, ob die Medikamente, die man einnimmt, das Führen eines Fahrzeuges ausschließen. Solche Informationen finden sich auf den Beipackzetteln, oder man fragt dazu in der Apotheke nach. Wenn das geschehen ist, hat man ausreichend Vorsorge getroffen und darf wieder fahren. Wer ganz sichergehen möchte, kann zusätzlich noch ein, zwei Fahrstunden absolvieren. Es gibt Fahrschulen, die dafür besonders qualifiziert sind. Man kann auch ein Fahrsicherheitstraining machen, zum Beispiel beim ADAC.
Herr Stricker, vielen Dank für dieses Gespräch.