Durch Hilfsmittel, Umbauten oder Umstellungen von Prozessen können heute viele Schlaganfall- Betroffene an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Schwieriger wird es, wenn sie unter neuropsychologischen Folgen leiden. Nach außen hin wirken sie fit und leistungsfähig, doch dass sie im Innern den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes nicht gewachsen sind, ist für Kollegen und Vorgesetzte nicht erkennbar.
Der ganze Mensch im Fokus
„Assessment-Center“ nennt man Test- und Auswahlverfahren bei der Personalgewinnung. Im Berufsförderungswerk (BFW) Hamburg können speziell Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie einem Schlaganfall von einem solchen Verfahren profitieren. „Um diesen oftmals komplexen Krankheitsbildern in angemessener Weise gerecht zu werden, haben wir basierend auf unseren bisherigen Assessment-Erfahrungen das RehaAssessment Neuro entwickelt“, sagt Benjamin Rehn, Ansprechpartner für das Programm.
Ein multiprofessionelles Team aus den Bereichen Medizin, Sport, Ergotherapie und Psychologie arbeitet bei dieser Maßnahme drei Monate lang mit den Rehabilitanden. Wer nicht aus der Region Hamburg kommt, hat die Möglichkeit, im angeschlossenen Internat zu wohnen. „Unser Ziel ist, den Menschen als Ganzes zu betrachten“, sagt Benjamin Rehn. „Natürlich spielen die neuropsychologischen Beeinträchtigungen eine wichtige Rolle, aber genauso betrachten wir die Biografie, das persönliche Umfeld und die sozialen Fähigkeiten bei der Frage, wie es weitergehen kann.“
Nachfrage ungebrochen groß
Nach drei intensiven Monaten entsteht ein konkretes Bild von Stärken und Schwächen der Rehabilitanden. Gemeinsam werden nächste Schritte für eine langfristige berufliche Wiedereingliederung überlegt. Diese Empfehlung geht dann an den zuständigen Leistungsträger, bei jüngeren Schlaganfall- Betroffenen oft die Rentenversicherung. Eine Maßnahme kann zum Beispiel die Fortbildung oder Umschulung in einem BFW sein. In Deutschland gibt es 28 solcher Berufsförderungswerke mit nahezu 100 Standorten, über 250 Qualifizierungsangeboten und rund 12.000 Ausbildungsplätzen.
Zurzeit durchlaufen 25 bis 30 Betroffene pro Jahr das Hamburger Neuro- Assessment. Da die Nachfrage ungebrochen groß ist, prüft das BFW gerade eine Ausweitung der Kapazitäten. Benjamin Rehn rät Interessenten, nicht direkt nach der medizinischen Reha mit dem Verfahren zu starten, „sondern die entsprechenden Nachsorge-Angebote vollständig auszuschöpfen.“ Gerade bei neurologischen Erkrankungen stellten sich oft noch Verbesserungen ein, und „idealerweise erstellen wir unser Leistungsbild am Ende eines solchen Prozesses“.