Ein Schlaganfall verändert alles – oft auch die Beziehungen zu den Mitmenschen. Wie gehen wir in der Partnerschaft mit der Erkrankung und ihren Folgen um? Wie schütze ich mich als Angehöriger eines Menschen mit Behinderung vor Verausgabung und Überforderung? Wie knüpfe als Single nach einem Schlaganfall neue Kontakte?
Fragen wie diese stellen sich viele Betroffene und deren Angehörige. Dazu kommen zurzeit zusätzliche Herausforderungen durch die Corona-Situation.
In drei virtuellen Gruppen sprachen Paare, Singles und Angehörige über ihre aktuellen Herausforderungen und Bedürfnisse. Zum Auftakt des Seminars beantworteten die Teilnehmer die Frage "Was hilft Ihnen in schwierigen Zeiten?". Aus den vielfältigen Antworten entstand eine bunte Wortwolke. Bei Familie und Freunde waren sich die meisten einig, aber auch die Natur, die Musik oder der Sportverein können Halt geben.
Therapeuten leiten virtuelle Gruppen
- Psychotherapeutin Ulrike Dickenhorst zeigte sich positiv überrascht, wie viele verschiedene Strategien die Teilnehmer der Singles-Gruppe entwickelt haben, um die aktuell schwierige Zeit gut zu überstehen – von sportlichen Zielen bis zum virtuellen Kaffeetrinken mit Kollegen. Ihr Rat: „Es ist wichtig, sich eine Tagesstruktur zu schaffen – und zwar auch, wenn man nicht arbeiten geht. Das können feste Termine für Bewegung und Therapie sein, zum Kochen, aber vor allem auch regelmäßige Gespräche mit Familie und Freunden.“ Wer Angst hat, zu viel Zeit vor dem Fernseher oder dem Computer zu verbringen, könne sich selbst Vorgaben machen – und einen Wecker stellen, um die Zeit vor dem Bildschirm zu begrenzen. „Wichtig ist es auch, seine eigenen Bedürfnisse zu äußern. Man darf Freunden deutlich machen: Ich bin gerade in einer schwierigen Phase, ich brauche dich.“
- Lebensberater Klaus Vogelsänger ermutigte die Teilnehmer der Paare-Gruppe, ehrlich zu sein – und zwar sich selbst und dem Partner gegenüber. In einer kleinen Übung sollten die Paare sich bewusst machen, wofür sie dem anderen dankbar sind und um was sie ihn gerne bitten möchten. So zeigte sich ein Teilnehmer dankbar für die Geduld, die ihm seine Partnerin entgegenbringt. Eine Teilnehmerin bat ihren Partner sich bewusst auch Zeit für sich selbst zu nehmen. „Im Alltag bleibt oft wenig Zeit für tiefe Gespräche oder die Partner trauen sich nicht, ihre Gefühle zu äußern. Dabei ist es so wichtig, in einem wertschätzenden, ehrlichen Dialog zu bleiben“, erklärt Vogelsänger.
- Besonders hart trifft die Corona-Situation gerade die Angehörigen, deren Liebsten erst vor kurzem einem Schlaganfall erlitten haben: „Besuche im Krankenhaus oder in Rehaklinik sind derzeit kaum möglich. Es ist unglaublich zermürbend für die Angehörigen, die ihrem Elternteil oder Partner in der schwierigsten Zeit ihres Lebens nicht persönlich vor Ort beistehen können“, sagt Psychotherapeut Vathsalan Rajan, der die Gruppe der Angehörigen leitete. Dann helfen neue Kommunikationsmöglichkeiten wie Videotelefonie, Sprachnachrichten, aber auch Fotos von der Familie am Krankenbett oder die Lieblingsmusik. Einige Angehörige suchten auch nach Anregungen für Beschäftigungen in der Corona-Zeit. Wichtig für die Angehörigen sei, so Rajan, sich Zeit für sich zu nehmen – und sich bewusst zu machen, warum die Situation gerade so ist wie sie ist. Das schlaganfall-betroffene Kind kann zum Beispiel nichts dafür, dass es keine Schule hat und zu Hause bleiben muss.
Teilnehmer berichten offen über ihre Erfahrungen
Silvia Strothotte, stellvertretende Vorsitzende der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, war beeindruckt von der Offenheit der Teilnehmer. Sie betonte: Auch der Stiftung wäre ein persönliches Treffen lieber gewesen. Aber die Auftaktveranstaltung zur digitalen Patientenwoche habe gezeigt, dass auch virtuelle Alternativen sinnvoll und bereichernd für alle Beteiligten sind.
"Berufliche Wiedereingliederung"
Zu diesem Thema fand ein Workshop in drei Gruppen mit Anja Will, Michael Norys, Jessica Becker und Stephan Beckmann statt.
"Der Schlaganfall bei jungen Menschen & Corona - was nun?"
Prof. Krämer hielt einen Vortrag zu diesem Thema.
"Let’s talk about sex."
Ergo- und Sexualtherapeutin Lisa Spreitzer hielt einen Vortrag zu diesem Thema.