Sascha Groh: „Monatelang war ich schon nicht mehr ganz ich selbst. Ich wurde dünnhäutig, neue Anforderungen bei der Arbeit versetzten mich in Panik. Im Juni 2012 wachte ich zitternd auf, Tränen strömten mir über das Gesicht. Die Diagnose damals: Burnout. Doch es kam noch schlimmer. Nachdem ich auf mehrere Anrufe nicht reagiert hatte, fanden mich meine Mutter und meine Schwester in meiner Wohnung – nicht ansprechbar, völlig verwirrt und fast verdurstet. Dazu kamen Sehstörungen und Tinnitus.
Krankenhaus- und Reha-Aufenthalte ohne Ergebnisse
Was folgte, war eine Odyssee aus Krankenhaus- und Reha-Aufenthalten, aus Diagnosen und immer neuen Medikamentenplänen. Fest stand nur: Ich hatte mehrere kleine Schlaganfälle und eine Entzündung im Gehirn. Das Schlimmste war: Die Ärzte führten meinen Zustand auf die Einnahme von Drogen zurück. Ich wurde so oft darauf angesprochen, dass ich irgendwann selbst überlegte, ob etwas dran sein konnte – dabei wusste ich, dass ich nie Drogen genommen hatte. Es war die Hölle. Für mich und meine Familie. Ich hatte mit den körperlichen und psychischen Folgen der Schlaganfälle zu kämpfen, stand noch immer neben mir und hatte keine Ahnung, was die Zukunft bringen würde.
Eine Diagnose, die kein Arzt kannte: das Susac-Syndrom
Nach gemeinsamer Recherche mit meinem Hausarzt, bin ich schließlich im Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen gelandet, deren neurologische Abteilung auf seltene Erkrankungen spezialisiert ist. Endlich bekam ich eine eindeutige Diagnose: das Susac-Syndrom. Es ist nicht überraschend, dass kein Arzt zuvor darauf kam. Sie kannten es schlicht und ergreifend nicht. 2012 gab es das Susac-Syndrom bisher nur etwa 300 Mal weltweit. Die Medikamente wurden entsprechend angepasst, es ging wieder aufwärts! Heute, acht Jahre später, prägt mich die Krankheit noch immer, aber es geht mir wesentlich besser.
Ein Buch als Erfahrungsbericht
In meinem neu erschienen Buch „Einer von 300 – Mein Leben mit dem Susac-Syndrom“ schildere ich meine Erfahrungen. Aber nicht nur ich, sondern auch meine Familie, eine gute Freundin und mein damaliger Chef – schließlich war auch mein Umfeld betroffen. Außerdem habe ich Teile meiner Entlass-Berichte mit veröffentlicht. Das Buch soll nicht nur für alle sein, die von dem Susac-Syndrom betroffen oder daran interessiert sind.
Es ist auch ein Appell an Ärzte und andere Fachleute, seltene Erkrankungen in Betracht zu ziehen – und andere Experten um Rat zu fragen, wenn man selbst nicht mehr weiter weiß. Niemand kann alle Erkrankungen kennen, aber jeder kann, darf und sollte sich eingestehen, dass andere bei der Diagnose helfen können.“